Methoden des persönlichen Wissensmanagements (PKM) werden im Zuge der Entwicklung neuer Tool-Konzepte zunehmend zum Thema. Es fehlt nicht mehr an Einführungsvideos, Fachtexten, Seminaren usw. zu so genannten Zettelkasten-Methoden.

Luhmann, der erklärte, nicht er allein sei Autor seiner (soziologischen) Bücher, sondern sein Zettelkasten schreibe mit, wird als Kronzeuge für die Bedeutung methodischer Kompetenz herangezogen.

Viele, die das Luhmannsche Zettelkasten-Prinzip nicht begriffen haben, referenzieren auf ihn. So wird die gegenwärtige Zettelkasten-Manie befeuert. Dabei weisen die veränderten (technischen) Möglichkeiten heute über die methodische Engführung von Luhmanns Original hinaus. Luhmann nutzte Zettelchen und Archivboxen, in den Jahrzehnten vor 1998.

Das Problem beginnt bereits beim Begrifflichen. Da ist zum Beispiel von „Wissensmanagement“ oder „Second Brain“ die Rede. Beides sind Behelfsbegriffe, denke ich mir, die vor allem in ihrer Vagheit nützlich sind.

Gerade der Soziologie und Zettelkasten-Pionier Luhmann ist davon abgerückt, Wissen auf „den Menschen“ zuzurechnen. Eine solche Zurechnung sei „ein Artefakt“ (WdG, 16). „Von Wissen (…) spricht man üblicherweise in einer subjektbezogenen Begrifflichkeit“ (SoSy, 11), erklärte Luhmann, demgegenüber schrieb er Wissen Systemen zu. Wissen verliere dabei „die Eigenschaft von etwas, das man ‚haben‘ oder ‚behalten‘ könne“ (WdG, 107).

Second Brain, ebenfalls ein schillernder Begriff (oder eher Marketing-Label?). Dazu hat meines Erachtens Maggie Appleton das Wichtigste bereits gesagt, pointiert und aussagekräftig. Appletons Beiträge sind mir übrigens eine Leseempfehlung wert.

Ich finde die Metapher eines „zweiten Gehirns“ insofern beunruhigend, als sie nicht auf die Bedeutung der verkörperten Erkenntnis und des stillschweigenden Wissens (…) eingeht. Ein „digitales Gehirn“ wie einen Aktenschrank zu füllen, wird höchstwahrscheinlich nicht zu sinnvollem Wissen und Weisheit führen.

Zur Quelle: https://maggieappleton.com/basb – Auch Links zu den Know-How-Anbietern zur Methode des „Second Brain“ sind bei Maggie Appleton zu finden.

Bleiben wir also zurück mit einer „Wortfindungsstörung“, wenn wir über das reden, was im Englischen so einfach #pkm heisst 😉 Oder anders formuliert: Es gibt in dieser Diskussion noch einiges an Tiefe zu gewinnen.

(An diesem Beitrag hat mein „Zettelkasten“ mitgeschrieben.)