Die Erfindung der Generationen

Morgen referiere ich im Rahmen der Ostschweizer Bildungsausstellung OBA, beim HR-Input, zum Thema Generationenmanagement. Es handelt sich um eine Veranstaltung der Olma St.Gallen. Bis zur Stunde haben sich knapp 80 Personen angemeldet.

In meinem Referat geht es um die Entstehung von Vorstellungen über Generationen („Zuschreibungen“). Interessant ist, dass diese Zuschreibungen oft jeder empirischen Basis entbehren. Deshalb sind sie für mich oft nichts anderes als „funktionierende Vorurteile“. Solche Vorurteile sind Vereinfacher zwar, in diesem Sinne „nützlich“, doch sie wirken auch als Irrlichter. Das Generationenmanagement in zahlreichen Unternehmen ist an solchen Irrlichtern ausgerichtet, so meine provokante Analyse.

Was sind die typischen Fehler des typischen Generationenmanagements? In diese Frage müdet mein Referat, das ich mit der Aussicht auf eine anregende Diskussion abschliesse.

Social Media für kleinere Unternehmen

„Wie kann sich ein kleines Unternehmen Soziale Medien zunutze machen?“ Diskussion bei Quora, mein Beitrag:

Meines Erachtens gibt es drei Dimensionen, die im Vordergrund stehen:

  • Community-Building: Kunden, Interessierte, Themeneigner usw. werden als Community angesprochen. Die bedeutet, dass ein emotionales Produkteumfeld entsteht, das (im günstigsten Fall) eine breite positive Resonanz erzeugt. Zudem werden sich die Community-Mitglieder untereinander inspirieren, anregen, unterstützen… Dies wirkt u.a. markenbildend.
  • Image-Bildung und -Weiterentwicklung: Sofern man sich via Soziale Medien an die Themenbrennpunkte bewegt, die zum eigenen Kerngeschäft gehören, kann die eigene Marke, das eigene Label, profiliert (ausgezeichnet) und schliesslich positioniert werden.
  • Partner-Networking: An den Social-Media-Brennpunkten trifft man auf (mögliche) Partner (Zulieferer, Abnehmer usw.). Hier geht es darum, Markt-Trends und indirekte Entwicklungen gemeinsam zu ermitteln, die Folgen zu diskutieren und Herausforderungen anzunehmen.

Für kleinere Unternehmen drei wesentliche Dimensionen des Social-Media-Engagements.

Das Hyperlokale als Chance

Snapchat sucht mit Nachdruck einen Platz neben den „Breitbandplattformen“. Nun wird offenbar im Hyperlokalen eine Chance zur Profilierung gesehen. So sollen Beiträge aus Schülerzeitungen „vertrieben“ werden. Und wer produziert die Stories? „The new college publisher stories are created by student journalists and editors“, antwortet TheVerge.

Der Trend der Breitenmobilisierung generiert den Gegentrend mit, die Entwicklung von Nischen. Ausdruck davon ist zum Beispiel die Messengerisierung. Gepostet wird mehr und mehr a) zu hyperlokalen Themen b) via Messenger, c) gruppenzentriert, d) „geschlossen“. In diesem Kontext erhält die Meldung aus dem Hause Snapchat ihre tiefere Bedeutung.

Modell der Community-Entwicklung

Wenn es um Community-Building im Netz geht, ist für mich der New Yorker Joel Spolsky eine fest Adresse. Er gehört seit vielen Jahren zu den kreativsten Köpfen der Szene. Bekannt geworden ist er nicht nur als Autor, sondern vor allem als CEO von Fog Creek und Community-Entwickler. Vor knapp zehn Jahren gründete er Stack Overflow. Entwickler unterschiedlicher Sparten tauschen sich über diese Plattform aus, lösen gemeinsam Probleme. Alle Inhalte stehen unter Creative-Commons-Lizenz.

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Pessimisten haben recht, Optimisten Erfolg

Übernommen aus dem FHS Info: Am 15.9. findet die 7. Ostschweizer Gemeindetagung 2017 statt. In seinem Einführungsreferat beschäftigt sich Reto Eugster mit den Folgen der Digitalisierung für die Kommunalpolitik. Im Vorfeld der Tagung richtete Petra Eggenberger drei Fragen an den Wissenschaftler und Leiter des Weiterbildungszentrums FHS St.Gallen. Reto Eugster leitete während 17 Jahren das Masterstudium Social Informatics.

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Verhindern? Nein

Von Reto Eugster (*)

Zu „Massen-Eremiten“ würde uns das Fernsehen machen, warnte Günther Anders in den 50er Jahren. Das Fernsehen erzeuge die Form des Teilhabens ohne Teilnahme. Als passive Emp­fänger sind wir vor dem Fern­seher «dabei», am Fussballspiel oder am Gottesdienst, und blei­ben Abwesende. Die Kritik am Einbahn­prinzip des Fernsehens ist alt. Heute, in der Zeit des mobilen Internets, erleben wir den „Zwang“ zur Inter­aktion. Ein Smartphone ist auf Austausch hin angelegt.

Mit den Sozialen Medien verabschieden wir uns von der Empfängerrolle. Nun gestalten wir ein Ereignis wie den Amoklauf von München mit. Wir erzeugen Ängste, Gerüchte und Meinungen. Täter planen ihre Tat unter Berücksichtigung unserer aktiven Mitarbeit.

Bevor die Polizei am Tatort in München ermitteln konnte, kursierte in den Sozialen Medien ein Tatortfoto. Die Aufnah­me wirkte dra­mati­sierend – und erwies sich als Fake. Die Meldung «Schüsse im Zentrum Mün­chens» löste Panik aus. Auch sie war falsch, brachte aber die Grossstadt in Wallung. Ein Polizei­sprecher sprach vom «Problem der Angst». Er fragte sich, wie den aufgeschäumten Ängsten der nicht unmittelbar Betrof­fenen beizukommen ist.

Was tun? Eine einfache und schwierige Frage zugleich.

Einfach: Bei der Aneignung Sozialer Medien müssen wir lernen, Information mediengerecht zu deuten. Soziale Medien verlangen eine soziale Lesart, verlangen «Vertrauensfilter». Es geht um den Prozess der „sozialen Eichung“. Um die Vertrauenswürdigkeit von Freundesfreunden – und letztlich ihrer Beiträge – zu «testen», sind andere Kriterien nötig als bei einem journalistischen Text. Medien­kompetenz ist gefragt.

Schwierig ist die Beantwortung der Frage, weil wir uns inmitten einer Um­wälzung befin­den. Wir erleben, wie Messaging – mit Whatsapp als Marktführer – zur zentralen Anwendung wird, welche die «offenen» Plattformen relativiert. Die vier bedeutendsten Messenger haben mehr aktive Nutzer als die vier wichtig­sten Sozialen Platt­formen (Facebook, Twitter usw.). Wir können Ash Reads Gedanken aufnehmen (12.4.16, blog.bufferapp.com) und von einer Messengerisierung sprechen. Konkret bedeutet dies: Wer z.B. Twitter nutzt, stellt eine Form von „Öffentlichkeit“ her. Dies bedeutet, sich zu exponieren. Für viele ist dies zu riskant. Sie entziehen sich den «offenen» Plattformen. Im Trend liegen Whatsapp-Gruppen. Ob Fussballfans, politische Zirkel, Nachbar­schaften, Schul­freunde, Studienzirkel, Clubs: in geschlos­senen Gruppen entfaltet sich der Mut zur Profilierung. Ein Trend mit Fol­gen:

  • Debatten verlagern sich in kleingruppenbezogene soziale Nischen.
  • Diskutiert wird hinter «verschlossener Tür», abgedun­kelte Zonen des Sozialen entstehen, ein eigentliches Darknet.
  • „Offene“ Plattformen drohen zu Verlautbarungsinstrumenten zu verkommen, die mehr und mehr Werbe­smog produzieren.

Appell, Warnung, Verhinderung: Weder das kulturpessimistische «Lösungsdreieck» noch die «Sicher­­heitsesoterik» aufgeschreckter Politakteure bringen uns weiter. Das Risiko der Risikovermeidung ist zu gross.

Sinnvoller ist die Frage, wie das nicht ausgeschöpfte Potenzial Sozialer Medien bei der Überwindung von aktuellen Problemen genutzt werden kann: für politisches Engagement, das neue Formen der Bürger­beteiligung ermöglicht, für die Schaf­fung von Rahmenbedingungen, die soziotechni­sche Innovation be­günstigen, für die gene­ra­tio­nen­­übergreifende Förderung von Medien­kompe­tenz.

Die gute und die schlechte Nachricht lassen sich in einem Satz ausdrücken, den Luhmann ähnlich formu­lierte: «Die Welt» wird besser und schlechter gleichzeitig.

In leicht gekürzter Form am 1.9.2016 im Pfarreiforum, St. Gallen, erschienen (Redaktion Stephan Sigg).

Die Erde ist flach, jedenfalls für Spaziergänger

Ein Gespräch der Blog-Redaktion mit dem Leiter des Weiterbildungszentrums FHS St.Gallen, Prof. Dr. Reto Eugster*, eröffnet unsere Serie Fokus. Dozierende unseres Weiterbildungszentrums kommen zu Wort. Sie nehmen als Expertinnen und Experten Stellung zu Fragen ihres Lern-Lehr-Verständnisses. (Erschienen im Bildungshorizont, 2015)

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Seit Februar 2013 gibt es das neue Weiterbildungszentrum FHS St.Gallen. Was sind wichtige Neuerungen?

Die bisherigen vier Weiterbildungsabteilungen, die strukturell in den vier Fachbereichen Wirtschaft, Technik, Gesundheit und Soziale Arbeit verankert waren, sind Anfang 2013 in das neue Weiterbildungszentrum übergegangen. Unsere Angebote beziehen sich neu auf neun Themenschwerpunkte, beispielsweise Gesundheit, Business Administration, Public Services oder Neue Medien. Die Neustrukturierung macht klar: Uns ist eine fachbereichsübergreifende und interdisziplinäre Perspektive wichtig.

Eine solche Neustrukturierung verändert Lehr-Lern-Arrangements.

Der Fokus verschiebt sich vom Was des Lernens auf das Wie des Lernens. Wir vollziehen eine Bewegung vom Lehren zum Lernen. Damit verändern sich Erwartungen an Studierende und Dozierende. Studierende stehen am Regie-Pult ihres Lernprozesses. Dozierende sind auch Vermittler, Lotsen, Coaches, Berater usw.

Dies bedeutet, es steht Veränderung an.

Wir haben nicht erst im Februar 2013 begonnen, Lernarrangements weiter zu entwickeln. Bereits heute sind wir auf dem aktuellen Stand der Weiterbildungsentwicklung. Vieles ist geleistet. Aber es ist nicht falsch zu sagen: Wir wollen mehr erreichen.

Es stehen Investitionen in die Bildungsinnovation an?

Wir nutzen die Expertise unserer Hochschule, konkret beispielsweise des Zentrums für Hochschulbildung, um Bildungsinnovation zu forcieren. In den nächsten Jahren werden wir Zeit und Geld gezielt in Bildungsinnovation investieren. Ausgangspunkt dabei ist die Frage: Welche Lernarrangements ermöglichen optimales transferorientiertes Lernen, und wie erreichen wir gleichzeitig eine Wissenschaftsnähe, die professionelles Handeln begründet und legitimiert?

Weg vom Frontalunterricht…

… Eine Formulierung, die ideologisch schmeckt. Die Frage ist eher, welche Ziele mit welchem Lernarrangement erreichbar sind. Schulen müssen allerdings von der Vorstellung Abschied nehmen, dass nur dort gelernt werde, wo gelehrt wird. Eine Formulierung von Rolf Arnold.

Lernen an Hochschulen, da denkt man immer noch an Hörsäle, Vorlesungen …

… An eine Art von Studierenden-Beschallung? Nein, das ist weder unsere Gegenwart noch unser Ziel. Die Studierenden sind als Lernakteure angesprochen. Sie sind weniger Teil eines Lehrgangs als vielmehr Initiatorin oder Initiator ihres Lerngangs.

Dies bedeutet, dass von Studierenden der Weiterbildung mehr erwartet wird als zuzuhören, zu notieren und zu reproduzieren.

Lernen ist eine Herausforderung, eine Befriedigung, eine Chance –, aber stets auch eine Zumutung. Bewährte Denkmuster und Handlungskonventionen, „funktionierende Vorurteile“, wie Soziologen sagen, werden hinterfragt. Lernen bedeutet, von einer Haltung vermeintlicher Gewissheit zu einer Haltung der Überraschbarkeit zu kommen. Studierende müssen bereit sein, diese Lernzumutung anzu­nehmen. Lernen bedeutet die Entwicklung einer Lernhaltung.

Das erfordert Studierende, die mitmachen, die bereit sind, das Prozesshafte des Lernens zu akzeptieren.

Für den Spaziergänger reicht die Vorstellung der Erde als Scheibe. Für den Flugreisenden ist es von Vorteil, für den Astronauten ein Muss, die Erde als Erdball zu begreifen. Mit den Zielen – Spazieren, Fliegen, Mondbegehung – wechseln die Lernzumutungen. Nach wie vor existiert in den USA die Bewegung der Flacherdler. Sie nennt sich Flat Earth Society und setzt sich aus Zeitgenossen zusammen, die auf dem Konzept einer flachen Erde bestehen. Für sie ist eine Erde ohne Rückseite unvorstellbar.

Die Verweigerung, sich neuen Erkenntnissen zu öffnen…

… Für die akademische Welt durchaus eine verwegene Verweigerung. Das politische Ziel der Flat Earth Society besteht meines Wissens nach wie vor darin, die US-Regierung dazu zu bewegen, die Erde zur Scheibe zu erklären.

Ein Ziel, das noch nicht erreicht ist.

Die Flacherdler sind nicht bereit, sich der Zumutung von Satellitenbildern zu stellen, da diese Bilder etwas zeigen, was sich der Unmittelbarkeit ihrer Erfahrung entzieht. Meine Einschätzung ist, dass wir in Lernprozessen immer wieder zu Flacherdlern werden. Jenseits flacher Gewissheiten sind Erkenntnisse oft mühsam nur zu akzeptieren. Mit dem Wissen vermehrt sich das Nichtwissen. Am Ende eines Lehrgangs weiss ich mehr als zu Beginn, aber es öffnet sich unversehens ein Horizont neuer Fragen. Und das ist nicht die schlechte, sondern die gute Nachricht.

Hier kommt Wissenschaft ins Spiel. Wissenschaft ermöglicht, über das Faktische und über das Offensichtliche hinaus zu gelangen. Aber schadet zu viel Wissenschaft nicht der Praxistauglichkeit?

Anwendungsorientierung und Wissenschaftsnähe als Gegensatz zu denken, greift zu kurz. Es macht einen Unterschied, ob professionelles Handeln auf Gerüchten, Annahmen, Vorurteilen usw. beruht oder ob es wissenschaftliche Gründe dafür gibt. Wer ein Haus baut, tut gut daran, sich bei Fragen der Statik nicht bloss auf Gerüchte oder sein Gefühl zu verlassen, sondern geologische Theorien der Erdschichtung ernst zu nehmen.

Wissenschaft erzeugt eine Art von Wissensüberhang, der bei konkreten Anwendungen nicht gebraucht wird …

Das unterscheidet wissenschaftliches Wissen von Rezeptwissen. Wissenschaft erzeugt, gemessen an der einzelnen Anwendung, diesen Wissensüberschuss, weil sie an einer Welt-in-Bewegung ausgerichtet ist. Sie rechnet damit, dass sich Anforderungen an Handelnde laufend ändern. Deshalb geht es in der Wissenschaft weniger um Wissensbestände als um Wissenschaftsdiskurse. Durch unsere Wissenschaftsnähe ermöglichen wir Weiterbildungen, die Handelnde auf eine sich wandelnde Welt vorbereitet.

Handelnde aber müssen wissenschaftliches Wissen oft ignorieren, wenn sie entscheidungsfähig bleiben wollen.

Das Entscheiden ist immer, wie Marcel Loher sagt, eine Verzichtsplanung. Die Entscheidungsfähigkeit und die Fähigkeit, auszublenden, gehören auf eigentümliche Weise zusammen. Aber es macht den entscheidenden Unterschied, ob wissenschaftliches Wissen anwendungsbezogen als irrelevant bewertet oder ob es einfach ignoriert wird. Denken Sie an die geologische Expertise beim Hausbau.

In einer sich wandelnden Welt wird vernetztes Denken wichtig. Interdisziplinarität, ein Schlüsselbegriff…

… Als Etikette beliebt, bei der Implementierung häufig unterschätzt. Oft ist damit schlicht die Erweiterung einer beruflichen Perspektive gemeint. Wie ist es möglich, die eigenen Routinen vor dem Hintergrund „fremden“ Wissens zu reflektieren und auf neue Gedanken zu kommen. Gerade der enorme Innovationsdruck, dem ganze Branchen ausgesetzt sind, legt die Hoffnung auf den „anderen Blick“ nahe. Edison, Zuse, Berners-Lee: Sie mussten Denkkonventionen sprengen, um die Glühbirne, programmgesteuerte Rechner oder das World Wide Web zu „erschaffen“.

Was ist bei der Realisierung von Interdisziplinarität wichtig?

Als Weiterbildungszentrum ist es uns wichtig, spezifische Anforderungen von Berufen, Professionen und Branchen zu verstehen. Deshalb arbeiten wir intensiv mit Praxispartnern zusammen. Ansprüche nach „Interdisziplinarität“ können nicht meinen, diese Spezifika zu vernachlässigen. „Interdisziplinarität“ kommt dort ins Spiel, wo Probleme nicht nur kompliziert sind, sondern komplex werden. Um Probleme angehen zu können, müssen Akteure disziplinäre Bezüge nutzen und gleichzeitig über sie hinaus kommen können. Interdisziplinarität setzt disziplinäre Selbstvergewisserung voraus.

Man muss die Notwendigkeit von Interdisziplinarität erkennen können, und zwar im konkreten Anwendungsfall.

… Bei einer Betriebsbesichtigung erklärte mir der Verantwortliche, die Produktionsprozesse seien inzwischen durchgängig optimiert. Doch wenn Mitarbeiter in einer Produktionseinheit im Konflikt lebten und sich dieser in den Feinverästelungen der Kommunikation ablagere, leide die gesamte Produktion darunter. Die Optimierung der Produktionsprozesse ist ein Geschäft, bei dem Prozessexperten unverzichtbar sind. Darüber hinaus zeigt sich, dass hier eine hochspezifische soziologische Expertise relevant ist. Während die einen Konflikte als Unfälle sehen, sind sie für die anderen Normalfälle der Kommunikation. Der Wechsel der Perspektive eröffnet neue Handlungsoptionen.

Mein Eindruck ist, dass Experten oft zu wenig über die Optionen anderer Experten wissen.

Das Problem der Interdisziplinarität ist, dass man nicht weiss, was man nicht weiss. Und so weiss ich oft nicht, dass es jemanden gäbe, der wüsste, wie mein Problem zu lösen wäre. Oder der mindestens glaubt oder glauben machen will, es zu wissen…

8x Schulsozialarbeit

Acht Berichte und Refelexionen zur Schulsozialarbeit: Seit bald zehn Jahren gibt es an der FHS St. Gallen nun den Lehrgang Schulsozialarbeit. Der Lehrgang ist unter Einbezug schulsozialarbeiterischer Praxis entstanden und so verwundert es nicht, dass nun eine Reflexion in Buchform aufgelegt wird, die ebenfalls Praxiserfahrungen fokussiert. Praktikerinnen und Praktiker kommen ebenso zu Wort wie Dozierende. Die Leiterin des Lehrgangs Schulsozialarbeit, Rosmarie Arnold, wirkte beim Buchprojekt mit. Für die Herausgabe sind zudem verantwortlich Johann Brandstetter, Christian Reutlinger, Martin Müller und Reto Eugster.

Vielfältig, vertieft, zuweilen auch provokant wird die Situation der Schulsozialarbeit bilanziert. Geografischer Schwerpunkt ist die Ostschweiz, doch Ausgangslagen und Erkenntnisse lassen sich mindestens auf die gesamte Schweiz übertragen. Immer wieder geht es darum, in welchem Verhältnis sich die Schulsozialarbeit zur Organisation Schule sieht. Oder wäre es sinnvoller, sozial- und schulpädagogische Perspektiven aufeinander zu beziehen? Kann von einem Trend zur Sozialpädagogisierung der Schule gesprochen werden? Wenn die Schulsozialarbeit mehr als Hilfsdienst für die Schule sein wollte, mehr als Krisendienst oder Vollzugsorgan: Was könnte sie werden? Das Buch bietet Antworten, doch das ist nur die halbe Wahrheit. Leserin und Leser werden ebenso mit (hoffentlich) inspirierenden offenen Fragen konfrontiert.

Erschienen ist das Buch bei Frank & Timme, dem Verlag für wissenschaftliche Literatur.