Vorinstanz

Konflikte haben einen schlechten Ruf

Schloss Hofen Lochau Vorarlberg, Durchführungsort Mediationslehrgang

Mitte März ist mein Seminar „Konfliktmanagement in Organisationen“ angesagt. Zurzeit bin ich intensiv am Vorbereiten. Ich werde mit drei Fallstudien aus unterschiedlichen Betrieben arbeiten (Modeunternehmen, Spital, Schule). Das Seminar findet im Rahmen des Zertifikatslehrgangs Mediation in St. Gallen satt. Entsprungen ist dieser Lehrgang einer langjährigen Euregio-Kooperation verschiedener Hochschulen.

Nicht Konflikte an sich sind das Problem in Organisationen bzw. Unternehmen, sondern der destruktive Umgang damit. Konflikte sind durchaus „sinnvolle Einrichtungen“. Sie deuten Veränderungsbedarf an (zum Beispiel nötige Klärungen von Stellenprofilen), forcieren Entscheidungen („so geht es nicht mehr weiter“) und erzeugen Bindung. Konflikt haben zu unrecht einen schlechten Ruf.

Doch bis Organisationen Konflikte produktiv nutzen können, ist oft einiges an (Organisations-) Entwicklung nötig. Zum Beispiel ein Grundverständnis, das Konflikte als Normalfall und nicht als Sonderfall der Kommunikation begreift. Und eingespielte Verfahren für den Umgang mit Konflikten, so genannte Konfliktmanagement – Systeme (KMS). Diese sollen wirken, bevor Konflikte expandieren und eskalieren. Mediative Verfahren sind nur ein Aspekt dieser Arrangements. Ebenso wichtig ist die Pflege einer Kultur, in der Differenz und Differenzierung als wesentliche Aspekte des Fortkommens akzeptiert sind.

Foto: Schloss Hofen, Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung in Vorarlberg, Durchführungsort des Lehrgangs (Seminare teilweise an der FHS St.Gallen), Foto: Reto Eugster

4 Kommentare

  1. Hartmut Rosa in seinem Buch „Resonanz, Eine Soziologie der Weltbeziehung“, spricht von einer institutionalisierten Resonanzunterdrückung in modernen Gesellschaften (Seite 122). Konflikte sind gewiss ein sozialer Vorgang der Klärung und Schärfung. Um jedoch einen konstruktiven Umgang mit diesen Vorgängen zu erlernen, braucht es eine entwickelte Selbstkompetenz oder mit Rosa gesprochen, eine Resonanzfähigkeit. Wo sind die Orte in Organisationen und Unternehmen, an denen an dieser Fähigkeit gearbeitet wird? In „Reinventing Organizations“ zeigt Frederic Laloux Beispiele von Organisationen in denen diese Lernprozesse zur Organisationskultur dazu gehören.

    • Vorinstanz

      25. Februar 2018 um 19:48

      Das ist die Schlüsselfrage, das erlebe ich auch so in meinen Vermittlungen: Wo sind diese „Räume“, in denen Resonanzfähigkeit entwickelt und gepflegt wird?

    • Hallo! Oft ist es einfacher und manchmal sogar sinnvoller, in Unternehmen Konflikte durch Trennung (von Gegnern) zu lösen als sich auf umfangreiche, teure, offene Prozesse einzulassen. Das gefällt euch in eurem Gewerbe zwar nicht, ist aber meine Erfahrung.

  2. Ja, Auflösung ist auch eine Lösung. Jede nur EINE der möglichen Lösungen. Die Kostenfrage muss meines Erachtens etwas differenziert betrachtet werden. Was „kostet“ es eine Organisation wenn ihr infolge von Auflösungen Wissen abhanden kommt? Dass sich in Organisationen Konflikte destruktiv manifestieren können, hat kaum nur mit dem „Gegner“ zu tun, sondern Begleitumstände, welche eine solche Dynamik zulassen, sind im ganzen System zu suchen. So zeigt es sich oft, ein identifizierter „Konfliktgegner“ verlässt, freiwillig oder unfreiwillig, die Organisation und das Konfliktthema zeigt sich innert Kürze an einem anderen Ort innerhalb der Organisation wieder.