Geht es um die „Wissensorganisation“ wird rasch und voreilig auf Luhmanns Zettelkasten referenziert. Die meisten nehmen es anscheinend nicht so genau mit Luhmanns Arbeitsprinzipien. Meines Erachtens sollte Folgendes beachtet werden.

Luhmanns Zettelkastenprinzipien, basierend auf Kästen, Schubladen, Papierschnipseln, lassen sich nicht eins-zu-eins auf „digitale“ Lösungen übertragen: eben gerade nicht. Die Voraussetzung für die Gestaltung solcher Wissensorganisationen haben sich grundlegend gewandelt. Beispielsweise lassen sich heute Wissenslandschaften (Verknüpfungen) grafisch darstellen, wechselnde Netzwerkknoten bilden oder Verknüpfungsebenen skalieren. Alle Modelle, die einen physischen Zettelkasten nachbilden, sind grundsätzlich problematisch.

Genau genommen hat Luhmann zwei Zettelkästen erstellt, den zweiten und heute vor allem beachteten ab 1963. Dieser enthielt nur 11 „thematische Abteilungen“, heute würden wir unter anderen Bedingungen von Hubs sprechen. Das Kriterium für die Bestimmung dieser Schwerpunkte ist rasch benannt: Was ihn jeweils gerade interessiert habe, klärte Luhmann auf.

Luhmann hat keine Zusammenfassungen geschrieben. Er hat seine Gedanken „verzettelt“, Bücher nach ihrer „Verzettelungsfähigkeit“ beurteilt. Damit ist ein wichtiges Prinzip benannt: Luhmann ging es nicht um das Exzerpieren, sondern um das Verzetteln. Dies bedeutet: Luhmanns Zettelkästen waren Systeme des „Wiederkäuers“, wie er einmal erklärt hat. Kein Zettel war in diesem System „fertig“, sondern wurde immer wieder in neuen Zusammenhängen bedeutsam.