Friedrich Kittler

Einer der wichtigsten – wie soll ich sagen? – „Mentoren“ für mich, der mein Denken stark beeinflusst hat, ist Friedrich Kittler. Ab 1993 war er Professor für Ästhetik und Medientheorie („Geschichte der Medien“) an der Humboldt Universität in Berlin. Er starb am 18. Oktober 2011 in Berlin, heute ist sein Todestag. Friedrich Kittler war „einer der einflussreichsten und bedeutendsten deutschen Medientheoretiker und Begründer der Berliner Schule der Medienwissenschaft„, wie die Universität im Nachruf schreibt.

Sein „Dracula-Text“ beispielsweise ist für mich eine Inspirationsquelle geblieben. Aus diesem (Seite 16) stammt das Wort:

„Das Wort der Liebe wird gesendet, wird empfangen, wird von den Empfängern wieder gesendet, vom Sender wieder empfangen undsoweiter undsoweiter, bis die Regelschleifenverstärkung jenen Wert erreicht, der in der Wechselstromtheorie Schwingbedingung und im kurrenten Diskurs Liebe heißt.“

Gerade dort, wo Kittlers Aussagen verwegen wirken, erreichen sie ihre Qualität. Oder um ihn aus einer Vorlesung zu zitieren: „Man muss vieles härter denken…“

Innenseite der Aussenseite

Projekt Schieflage. Aussenhin ist idyllisch schön, klein niedlich, vertraut bindend. Aussenhin ist Sonntagsspaziergang. Aber die Aussenseite hat eine Innenseite. Diese kann wunderbar erschreckend, düster wie Glück und abgründig wie rauschendes Leben sein.

“Die Häuser, die sie bewohnen, sind sauber wie sie selber, die Strassen, die sie bauen, sind ein bisschen holperig, genau wie sie selber, und das elektrische Licht, das ihre Dorfstrassen Abends beleuchtet, ist praktisch, wiederum exakt wie sie selber.” (Der Gehülfe, Robert Walser)

Mein Einstiegstext, Projekt Schieflage

Max Weber

„Es ist durchaus wahr und eine (…) Grundtatsache aller Gesichte, dass das schliessliche Resultat politischen Handelns oft, nein: geradezu regelmässig, in völlig unadäquatem, oft in geradezu paradoxem Verhältnis zu seinem ursprünglichen Sinn steht.“

Max Weber, Politik als Beruf, 1919 (zitiert von Silvano Moekli, Politologe, beim ehemaligen blauben Vogel)

Reisen

Ethnografische Perspektive?

Vor vielen Jahren bin ich für längere Zeit (vielleicht passt auch: ziellos) gegen Osten gereist. Mit Ruck- und Schlafsack. Bereits damals habe ich das Reisen – nach einer Euphorie des Aufbrechens – als schwierig erlebt, als zu schwierig für mich. Aber ohne zu reisen, kann ich mir mein Leben nicht vorstellen.

Das touristische Reisen orientiert sich am Konzept des Sehenswürdigen. Lange Zeit schien mir dies plausible Voraussetzung für eine Reiseanstrengung zu sein. Aber was hat jemand von Berlin gesehen, der es vor das Brandenburger Tor schafft oder am Checkpoint Charlie ein Cap „BERLIN, ICK LIEB DIR“ kauft? Das sind für mich keine bloss rhetorischen Fragen, auch wenn sie so wirken mögen.

Seit einiger Zeit versuche ich, mit einer ethnografischen Perspektive zu reisen: Die bereisten Orte aus den Praktiken und Routinen heraus zu verstehen, wie sie sich im Alltag der Menschen, die dort leben, beobachten lassen. Dies bedeutet, den Vorformatierungen (wie dem Konzept des Sehenswürdigen) zu misstrauen. Im Zuge dessen ist auch die Entwicklung hin zum Amoralischen gefordert (was nicht unmoralisch meint).

Auch eine solche Herangehensweise muss schliesslich im Prekären enden. Aber bereits das Ringen um den gewendeten Blick hat bei mir die Qualität des Reisens verändert.

Inzwischen nenne ich eine reichhaltige Reisesammlung alltagsbanaler Microgeschichten stolz mein Eigenes. Ständig kommen neue hinzu. Sie durchwühlen meinen nächtlichen Halbschlaf – und entschwinden schneller als mir lieb ist aus meinem Gedächtnis. Sie sind nicht wiederholbar. Wer sie zu wiederholen versucht, macht sie kaputt.

Hyperrealität

Zum Medientheoretiker Jean Baudrillard

„Heute kippt das ganze System in die Unbestimmtheit, jegliche Realität wird von der Hyperrealität des Codes und der Simulation aufgesogen.“ (Seite 9)

„Die Moderne ist keine Umwertung aller Werte, sondern eine Austauschbarkeit aller Werte, ihre Kombinatorik und ihre Ambiguität.“ (Seite 162)

Baudrillards Buch Der symbolische Tausch und der Tod ist 1976 erschienen und zählt zu seinen bedeutenden Werken. Es besteht aus Essays, die sich lose aufeinander beziehen. Bereits in seiner Dissertaton 1968 – Das System der Dinge (Le Système des objets) – legte Baudrillard die Basis für seine Konzepte des Hyperrealen. Baudrillard, schillernde Persönlichkeit, streitbar und unerschrocken, ist 2007 in Paris gestorben. Er wurde 78 Jahre alt.

Bargeldlos, ja aber…

Von den “Kreditkarten-Lobbyisten” billiger Art gibt im Horizont der Social Media einige. Sie zitieren zurzeit prominent eine aktuelle Studie (2024) der Postbank zur bargeldlosen Zahlung.

Erstens ist der Auftraggeber selber lobbyierend. Dies lediglich als Basisfaktor, der bei wissenschaftlichen Ansprüchen eine Rolle spielt. Zweitens wird oft nur der erste Teil der Studie zitiert: 66% zahlen bargeldlos.

Aber die Studie hat einen zweiten Teil: Nur 32 Prozent befürworten eine Abschaffung des Bargeldes. Und es gibt eine Generationenthematik, die zu beachten wäre: Die Nutzungsdifferenz bei bargeldlosen Zahlungsoptionen, die sich entlang von Generationengrenzen ausgeprägt zeigt, ist entscheidender Faktor bei der Gesamtbeurteilung der Entwicklung (des Trends).

Dies alles spricht nicht gegen bargeldlose Zahlung. Aber Lobbyismus soll als solcher gekennzeichnet werden. Ich mag die Redlichkeit faktenbasierten Argumentierens.